Ab 2024 sollen die Deutschen Meisterschaften zu einem großen Treffen der Tischtennis- Familie werden: Geplant ist, die Wettbewerbe der Damen und Herren, der Jugend, Senioren und Leistungsklassen in einem viertägigen Event an einem Ort auszutragen.
Wenn 2024 die Deutschen Meister ausgespielt werden, könnte alles ein bis zwei Nummern größer ausfallen als in diesem Jahr in Saarbrücken – und auch größer als in den Vorjahren in Bremen, Berlin oder Bamberg. Dann nämlich könnten in Erfurt erstmals die „Deutschen Tischtennis-Finals“ stattfinden, eine Bündelung von Deutschen Meisterschaften verschiedener Klassen in einem mehrtägigen Event an einem Ort.
„Wir stellen uns das als großes Treffen der gesamten Tischtennisfamilie vor“, sagt Heike Ahlert, DTTB-Vizepräsidentin Leistungssport. Um die 1.000 Teilnehmenden würden zusammenkommen, geplant seien auch Workshops und Tagungen, vielleicht eine Spielerparty. Vorgesehen sind für das Event die Deutschen Meisterschaften der Erwachsenen, der U15 und U19-Jugend, der Senioren und der Leistungsklassen. Amateure könnten dann Seite an Seite mit den Nationalspielern an den Tisch gehen, nach jetzigem Planungstand würden die Jugend- 15-Finals am vorletzten Turniertag in der Haupthalle stattfinden, wo es zeitgleich u.a. um den Einzug ins Viertelfinale bei den Erwachsenen ginge.
Die Finanzierung wird schwierig
Noch sprechen alle im Konjunktiv von dem Event. Ob es wirklich stattfinden kann, steht und fällt mit der Finanzierung. „Wir haben uns beim Bundesrat das grundsätzliche Okay der Landesverbände geholt, dass wir weiter mit dem Event planen“, sagt Ahlert. „Wesentlich wird aber sein, ob wir von Stadt, Land und anderen Förderern Zuschüsse zu den Hallenkosten bekommen.“ Gespielt werden soll 2024 in der Messe Erfurt, an insgesamt 56 Tischen in zwei Hallen. Uwe Schlütter, Präsident des Thüringer Tischtennis-Verbands, befindet sich in ersten Gesprächen mit möglichen Geldgebern, die Signale seien positiv, sagt er. „Die Aufgeschlossenheit gegenüber diesem Event ist groß.“
Geboren wurde die Idee für die Deutschen Tischtennis-Finals Ende 2020. Der DTTB war damals mit seiner Bewerbung um die WM 2023 gescheitert. Wann es die nächsten
German Open in Deutschland geben würde, war aufgrund der neuen Turnierstrukturen von World Table Tennis zu diesem Zeitpunkt ebenso ungewiss. „Wir haben uns dann überlegt, welche Veranstaltungen man noch machen könnte, um Öffentlichkeit zu generieren und Geld zu verdienen – oder noch besser beides zusammen“, sagt DTTB-Pressesprecherin Simone Hinz, die die Arbeitsgruppe zu den Deutschen Tischtennis- Finals zusammen mit TMG-Geschäftsführer Gerd Reith leitet. Von verschiedenen Ideen sei die einer großen Deutschen Meisterschaft mit Eventcharakter letztlich die überzeugendste gewesen. Nicht nur, weil man sich von einem solchen Mammutturnier Medienwirksamkeit, Zuschauerinteresse und langfristig Rentabilität erhoffe. „Die Stars von gestern, heute und morgen kommen zusammen. Durch so ein Event kann sicher die gesamte Tischtennisfamilie enger zusammenrücken“, sagt Hinz. Langfristig sei auch denkbar, noch mehr Wettbewerbe zu integrieren, die Clickball-DM oder die DM im Para-Tischtennis beispielweise. Das Bundesfinale der mini- Meisterschaften steht ganz oben auf dem Wunschzettel, war aber bereits frühzeitig für die nächsten Jahre fest vergeben.
Bei verschiedenen Gelegenheiten wurde Vertretern der Landesverbände die Idee nähergebracht. Es sei etwas Überzeugungsarbeit notwendig gewesen, sagt Heike Ahlert. „Natürlich gab es einige Bedenken, das ging mit so einfachen Fragen los wie: Haben wir überhaupt genug Verbandskleidung, wenn alle gleichzeitig spielen?“ Nicht nur der Veranstalter, auch Verbände und Teilnehmer stünden bei einem solchen Event vor Herausforderungen. Betreuer wären im Dauereinsatz, Nachwuchsspieler, die in der Jugend 15, Jugend 19 starten und/oder gegebenenfalls noch bei den Erwachsenen, hätten ein straffes Programm. Der Zeitplan soll aber so gestrickt werden, dass Doppelstarts möglich sind. Kritik gab es auch daran, dass für Wettbewerbe, die aktuell am Wochenende stattfinden, künftig Urlaubstage und Fehlzeiten in der Schule anfallen würden. Langfristig wird angepeilt, die Deutschen Tischtennis-Finals auf ein Wochenende mit Feiertag zu legen, etwa an Pfingsten oder nach Himmelfahrt. Für 2024 werde eine solche Terminierung nicht mehr funktionieren, sagt Simone Hinz. Diese Termine sind bei der Messe Erfurt bereits vergeben.
Erfurt steht in den Startlöchern
Zu Diskussionen könnte auch noch die geplante Erhöhung der Startgelder führen. Die Nachwuchsklassen sowie die Deutschen Meisterschaften der Damen und Herren sollen davon unberührt bleiben, bei den Senioren und den Startern der DM der Leistungsklassen soll die Startgebühr von 35 auf 99 Euro angehoben werden. „Die Startgelder sind seit Jahren nicht erhöht worden. Und man bekommt dafür ja auch mehr: professionelle Bedingungen mit rotem Boden, ein attraktives Rahmenprogramm und eine höhere Aufmerksamkeit“, sagt Hinz. Mit den bisherigen Gebühren sei das nicht realisierbar. Sparen könnten die Landesverbände dafür an Reise- und Übernachtungskosten. Auch der Terminkalender würde entzerrt. Statt an elf Tagen und fünf Wochenenden findet alles an einem langen Wochenende, an vier Tagen, statt.
Was aus Sicht der DTTB-Verantwortlichen auch für die Bündelung verschiedener Deutscher Meisterschaften spricht, ist, dass die Zahl der willigen und fähigen Durchführer von Bundesveranstaltungen von Jahr zu Jahr sinkt. So bräuchte man nur einen Veranstalter – und der ist mit Erfurt bzw. dem Thüringer Verband für 2024 und gegebenenfalls auch die Folgejahre, so sich Konzept und Veranstaltungsort bewähren, schon gefunden. „Sicher wäre es sinnvoll, erst mal an einem Ort zu bleiben, um nicht in jedem Jahr bei Gesprächen mit potenziellen Sponsoren, Hallenbetreibern und Städten bei Null anzufangen“, sagt Simone Hinz. Die zentrale Lage in Deutschland spräche ebenfalls für Erfurt.
Uwe Schlütter und sein Team hätten große Lust, 2024 und vielleicht auch in den Folgejahren für ein verlängertes Wochenende zum Mittelpunkt von Tischtennis-Deutschland zu werden. „Wir glauben, dass das ein gutes, innovatives Produkt ist“, sagt Schlütter. Sicher werde die Umsetzung nicht einfach, „das ist ja immer so, wenn etwas neu eingeführt werden soll. Man muss Überzeugungsarbeit leisten, nicht nur bei Geldgebern, sondern auch in den eigenen Reihen.“ Die Ausrichtung der Deutschen Seniorenmeisterschaften 2019 habe Lust auf mehr gemacht, die Thüringer, die auch auf die Unterstützung ihrer Nachbarverbände aus Sachsen und Sachsen-Anhalt setzen können, hatten danach sogar beim DTTB ihr Interesse bekundet, mal ein internationales Event zu veranstalten. Jetzt wird es nur ein nationales Event werden – allerdings in einer Größenordnung, wie es sie bisher im deutschen Tischtennis noch nicht gab. „Wir vergleichen das immer so ein bisschen mit dem Deutschen Turnfest“, sagt Heike Ahlert. Uwe Schlütter möchte bis nach der Sommerpause in den Gesprächen mit Stadt und Land so weit sein, „dass wir ein Ergebnis haben, das uns in die Lage versetzt, sagen zu können: Wir machen es.“ Beim Bundestag im November müssten schließlich noch einige notwendige Änderungen an den Durchführungsbestimmungen beschlossen werden – dann stünde einem großen Tischtennisfest in zwei Jahren nichts mehr im Wege.
Susanne Heuing
Magazin ‚tischtennis‘
Die Veröffentlichung erfolgt mit freundlicher Genehmigung des Magazins ‚tischtennis‘
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