Zustimmung, aber auch Sorgen bei der Ligenreform

Veröffentlicht am 26.03.2021 im Bereich Aktuelles
Foto: Sascha Fromm

Es war eines der meist diskutierten Tischtennis-Themen der letzten Zeit. und Verbandsligen werden von sechs auf vier Mann umgestellt. Leidet der Nachwuchs? Das befürchten die Vereine Lok und Sponeta. Andere Clubs atmen durch, da die Anpassung Personalerleichterungen zur Folge hat. Thomas Rudolph hörte sich bei den betroffenen Mannschaften in Erfurt, Sömmerda, Gotha und Eisenach um.

ERFURT. Das Votum zum vieldiskutierten „Antrag 8“ endete deutlich. In eben jenem stand zur Debatte, die Tischtennis-Mannschaften der Thüringenliga und der beiden Verbandsligen ab der neuen Saison vom Sechser- auf das Vierersystem umzustellen. Die vom Thüringer Verband eingeleitete Stimmenauszählung – der Außerordentliche Verbandstag wurde im Umlaufverfahren durchgeführt – brachte ein klares Ergebnis. Von 77 Stimmen entfielen 57 auf ein Ja zur Verkleinerung. Vier enthielten sich, 16 wollten ihr altes System weiterspielen.

Gleichwohl ging die Abstimmung im Vorfeld nicht ohne Nebengeräusche vonstatten. Und auch nach der Entscheidung bleiben Restzweifel und Sorgen um den Nachwuchs. „Wir wollten eigentlich weiter mit Sechserteams spielen. Wir haben mit Leonhard-Balthasar Weidemann gerade einen Jugendspieler in unsere Erste integriert, der nun wohl wieder in den Bezirk runter muss. Natürlich werden wir immer die besten Vier aufstellen, weil wir in der Verbandsliga drin bleiben möchten. Aber auf den hinteren Positionen konnten sich die Talente gut entwickeln. Für sie ist der Entscheid ein Abstieg, für uns alle ein Rückschlag“, sagt Stephan Hußke, Abteilungsleiter beim ESV Lok.

Ähnlich sehen es die Verantwortlichen beim TTZ Sponeta, das ebenfalls auf Jugendarbeit setzt. „Der Verein selbst sieht es kritisch. Es wäre schöner gewesen, wir wären bei einem Sechser-System geblieben, um die Integration und Förderung des Nachwuchses sicherzustellen. Das bleibt auf der Strecke“, sagt Jürgen Leu, der für die Erste in der Thüringenliga aufschlägt.

Mit dem Bischlebener SV sowie den Sportfreunden aus Leubingen hat Erfurt bzw. Sömmerda zwei weitere Thüringenligisten im Spielbetrieb. Obwohl sie die Diskussion um den Nachwuchs nachvollziehen können, spielt ihnen als kleine Vereine die Umstellung in die Karten. „Für die kleineren Clubs ist das gut. Wir hatten schon immer Schwierigkeiten, Leute zu bekommen. Unsere Personalsituation war oft angespannt, wir haben mehrfach auf Ersatz zurückgreifen müssen“, sagt Bischlebens Mannschaftsleiter Michael Frank. Da die Randerfurter keine Nachwuchsspieler in ihren Reihen haben, ist dieses Thema eher zweitrangig. „Von unserer Altersstruktur her ist das nicht so tragisch. Wir sind alle schon älter und spielen eher der Freude wegen“, sagt er.

Ebenso neutral sieht es Steffen Henich, Spitzenspieler Leubingens. „Ich bin für beide Systeme offen. Beim Sechser-System ist man mit mehr Sportfreunden unterwegs und hat somit größeres Mannschaftsgefühl. Vom Vierer-System haben die Spieler im hinteren Paarkreuz mehr, weil diese im Sechser-System oft nur einmal spielen und dann häufig gegen Ersatzspieler. Mir hat das alte System im oberem Paarkreuz vom Rhythmus gefallen, direkt nach dem Doppel das erste Einzel zu spielen und das zweite Einzel dann nach rund einer Stunde Pause. Ich hätte aber nicht dagegen, noch ein Einzel zu spielen, wie es bei den Viererteams ist“.

In der Tat war die sportliche Herausforderung an Position fünf und sechs in den letzten Jahren mitunter fragwürdig. Neben dem bei einem hohen Sieg oder Niederlage drohenden Szenario, nur einmal im Einzel an den Tisch zu gehen, verfälschten massive Aufstellungsprobleme vieler Mannschaften das Endergebnis und sorgten für Verwerfungen in der Tabelle. Verschont davon blieben die Wenigsten, und es kam auch schon einmal vor, sich einen Wochenend-Tag samt langer Autofahrt um die Ohren geschlagen zu haben, nur um dann gegen einen Reservespieler aus unteren Ligen antreten zu müssen, der sportlich kaum Gegenwehr zeigen konnte.

„Ich kenne zwar in den letzten gefühlt 20 Jahren kein anderes System, und der Reiz eines möglichen Abschlussdoppels fällt weg. Auf der anderen Seite kann man die Entwicklung der letzten Jahre nicht ignorieren. Auch wir hatten Probleme, unser Team vollzukriegen. Ich freue mich darauf, mal wieder in einem anderen System zu spielen. Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg“, gibt sich Leu salomonisch.

„Im Endeffekt ist es für unsere Mannschaft vom Tabarzer SV besser, als Viererteam zu spielen. Für viele Vereine wird es immer schwieriger, sechs Leute zusammenzukriegen. Oftmals wird mit Ersatz gespielt“, sagt Dennis Schade. Der langjährige Spitzenspieler der Inselsberger brachte die Diskussion über die Vereinheitlichung der Teamstärken innerhalb Thüringens mit einem Aufruf bei Facebook ins Rollen. „Ich wollte eine Diskussion anstupsen, denn die Argumentationslinie des TTTV war mir einfach zu dünn. Ich fand es sehr positiv, dass sich mit Andreas Amend ein Mitglied des Vorstandes sehr ausführlich geäußert hat“, so Schade.

Gleichwohl ergibt sich für den Thüringenligisten nun eine neue (Luxus)-Situation. Wenn die neue Saison beginnt, können die Bad Tabarzer aus dem Vollen schöpfen. Sechs Spieler bewerben sich um vier Plätze. „Wir finden da eine schöne Rotation. Außerdem arbeiten bei uns einige Spieler auch am Wochenende. Armen Torosjan hat einen neuen Job angenommen, bei ihm trifft das unter anderem zu. So sind wir dennoch gut aufgestellt, denn es ist ein Plus, dass wir so ausgeglichen besetzt sind“, so Schade, der aber ein wenig besorgt auf den Nachwuchs schaut. „Für sie wird es jetzt noch schwerer, in die Teams zu kommen.“

Ähnlich sieht es Philipp-Alexander Wagner vom Verbandsligisten Gothaer SV. „Ich finde es gut, dass eine Veränderung stattfindet. Ob sie gut oder schlecht ist, wird sich erst zeigen“, sagt Mannschaftsleiter Wagner, der aber gemischte Gefühle sieht. „Positiv ist, man fährt zu den Spielen nur mit einem Auto hin. Ich habe aber gehört, dass einige unglücklich damit sind aufgrund der Stimmung. Auch Coaching, was mir sehr wichtig ist, dürfte schwieriger werden“, so Wagner. Mitspieler Sebastian Händly sieht es ähnlich. „Meine persönliche Meinung ist, dass ich lieber weiter mit 6er-Mannschaften spielen würde, weil mir das 4er-System auch bei den Bezirksliga-Mannschaften schon nicht gefallen hat. Im Verein/Mannschaft haben wir uns allerdings demokratisch gegen das 6er-System entschieden. Wir haben, obwohl wir genügend Mannschaften haben, immer wieder mit Ersatzstellungen zu kämpfen. Auch diese Saison, in den 6 oder 7 Spielen haben wir nur einmal voll gespielt.“

Zustimmung kommt auch aus der Eisenacher Ecke. „Dieser Schritt zum einheitlichen Spielsystem war überfällig. Ich fand die unterschiedliche Spieleranzahl schon immer unsinnig. Das brachte nur Verwirrung und machte den Tischtennissport für Außenstehende schwer durchschaubar“, sagt Matthias Göpel, Mannschaftsleiter von Verbandsligist Blau-Weiß Eisenach. Göpel, der auch Vereinsvorsitzender ist, verweist zudem auf den wirtschaftlichen Vorteil von Vierer-Teams. Schließlich sei es ein Unterschied, ob man von Eisenach nach Lauscha und zurück nur ein oder eben doch zwei Autos benötige. Aus sportlicher Sicht wäre es für Göpel wünschenswert, wenn die feste Reihenfolge innerhalb einer Mannschaft gekippt würde. „Wenn wir taktisch aufstellen dürften, könnten die Spiele länger spannend bleiben“, sagt Göpel und fügt hinzu „Beim Fußball legt doch auch niemand fest, dass ein Spieler nur auf einer festgelegten Position spielen darf.“