Über den Tellerrand geschaut: Die Senioren im Thüringer Tischtennissport

Veröffentlicht am 18.03.2021 im Bereich Aktuelles
Links - Arnd Heymann bei der Eröffnung NDM Senioren 2019

Viele Seniorinnen und Senioren sind in Thüringen im Tischtennissport aktiv – natürlich als Spielerinnen und Spieler, aber auch im Schiedsrichterwesen, als Ehrenamtliche im Verein und Verband, in der Turnierleitung oder als „Gute Seele“. Was zeichnet den Senioren-Tischtennissport aus? Wir haben mit dem Seniorenwart des TTTV, Arnd Heymann gesprochen: 

Sehr geehrter Herr Heymann, Sie sind Seniorenwart im TTTV – was machen sie eigentlich so 😊?

Als Seniorenwart vertrete ich gemeinsam mit dem Seniorenausschuss die Interessen der Senioren im TTTV. Praktisch organisieren wir (damit sind auch die Strukturen auf Kreis- und Bezirksebene eingeschlossen) alle Seniorenveranstaltungen im TTTV von den Kreismeisterschaften Einzel/Mannschaft bis zu den … beispielsweise Deutschen Seniorenmeisterschaften 2019 in Erfurt. Und was mache ich eigentlich sonst so…ich arbeite hauptberuflich als Geschäftsführendes Vorstandsmitglieder für die Stiftung Thüringer Sporthilfe…spiele seit 1974 Tischtennis, aktuell in der zweiten Mannschaft des TSV Zella-Mehlis und bin seit 1981 ehrenamtlich im Tischtennis engagiert. In DER CLUB – Deutsche Tischtennis-Senioren e.V. bin ich seit 2009 Vizepräsident Sport und seit 2011 im Executive Board der IVTTS (International Veterans Table Tennis Society) ebenfalls als Vizepräsident.

Wie viele aktive Seniorinnen und Senioren gibt es zur Zeit? Können sie einschätzen, wie sich die Zahl der aktiven Sportler in den letzten Jahrzehnten entwickelt hat?

Im TTTV sind zum 1.1.2021 insgesamt 4.929 Senioren in elf Altersklassen (40 – 90 in jeweils 5er-Jahrgängen) gemeldet. Davon nehmen 3.536 aktiv am Wettspielbetrieb teil. Die meisten Senioren gibt es in der neuen AK 55 mit 770. Die demografische Entwicklung trägt dazu bei, dass es immer mehr Senioren gibt und auch in den kommenden Jahren noch geben wird. Dem müssen wir zum einen Rechnung tragen, aber zugleich auch das dahinter stehende Potenzial der Senioren „heben“. 

Welchen Stellenwert hat und hatte der Seniorensport im Thüringer Tischtennis?

Ich denke eine sehr guten, auch im sicherlich subjektiven Vergleich zu anderen Verbänden. Als Beispiel sei eine vor kurzen erstellte Erhebung zur finanziellen Unterstützung der Senioren bei der Teilnahme an Deutschen Meisterschaften genannt, dort gab der TTTV mit die beste Förderung. Aber der finanzielle Aspekt ist die eine Seite, auch seitens des Verbandes, insbesondere des Präsidenten, Geschäftsführers und Servicemitarbeiters bekommen wir eine sehr gute Unterstützung und vor allem Wertschätzung. Auch unter meinem Vorgänger Karl-Heinz Baumhardt, der den Seniorensport in den 90er-Jahren mit aufgebaut hat, hat der Seniorensport eine gute Entwicklung genommen, auf der ich mit meiner Wahl zum Seniorenwart 2014 aufbauen konnte.

Was sind Ihrer Meinung nach die größten Herausforderungen für die kommenden Jahre und wie sehr leiden die Senioren an der derzeitigen Trainings- und Spielunterbrechung? Konnten Sie mit einigen Spielerinnen und Spielern sprechen?

Ich würde die Frage trennen und mit dem letzten Teil beginnen: Wir alle – von den Nachwuchsspielern bis zu den Senioren – leiden massiv unter den sicherlich berechtigten Einschränkungen. Doch gerade im Alter ist Gesundheit wichtiger denn je. Denn hier gilt die simple Biologie. Wenn ich meine Muskeln nicht trainiere, bilden diese sich zurück, der allgemeine Gesundheitszustand verschlechtert sich und dies bei Senioren noch schneller und deutlicher als bei jüngeren Menschen. Daher hoffen die Senioren sehnsüchtig auf den Moment wieder Tischtennis spielen zu können.

Zum ersten Teil der Frage möchte ich nochmal die demografische Entwicklung zu Rate ziehen: Es gibt immer mehr ältere Menschen, diese wollen sich sportlich betätigen. Uns muss es gelingen, die Senioren an den Sport zu binden. Dies sowohl als Spieler, aber auch im Ehrenamt. Viele ältere Menschen bringen einen riesigen Erfahrungsschatz und Knowhow aus ihrer beruflichen Laufbahn mit. Diesen „Schatz“ zu heben, sehe ich als einen der Schwerpunkte für den Sport allgemein. Ich kenne aus der Wirtschaft ein Projekt, das man durchaus – natürlich modifiziert – auch im Sport implementieren sollte. „Der Senior Experten Service (SES) ist eine Einrichtung bei der rund 12.000 Expertinnen und Experten aus verschiedenen Berufen registriert sind. Sie alle stellen ihr Fachwissen ehrenamtlich zur Verfügung. Die Expertinnen und Experten des SES sind Botschafter der deutschen Wirtschaft: Ihre Einsätze geben Impulse zur Stärkung lokaler Kompetenzen und helfen anderen Menschen, ihre Zukunftsperspektiven zu verbessern.“ So könnte man beispielsweise langjährige Fachkräfte aus dem Sport, aber natürlich auch aus der Wirtschaft, die in den Ruhestand gehen, für eine ehrenamtliche Arbeit gewinnen. Dies passiert teilweise schon, aber geht meistens von den Fachkräften selber aus. Wenn man dies koordinieren könnte, kann man die Sorgen der Vereine in Bezug auf das ehrenamtliche Engagement vielleicht etwas lindern. Ziel sollte es sein, den vorhandenen Bedarf in den Vereinen und Verbänden mit der Expertise der Fachkräfte aus dem Sport zusammenzuführen. Die Senioren können zudem auch ihre Erfahrung in Form von Patenschaften an jüngere weiter geben.

Wir müssen künftig ein altersgerechtes Training für die Senioren anbieten. Hier muss in der Tischtennis-Trainerausbildung eine spezielle Ausbildungskomponente (allgemein gibt es diese schon) aufgebaut werden, um dem Rechnung zu tragen. Ich habe dies schon mehrfach – vor allem gegenüber dem DTTB – angeregt, allerdings bisher ohne Erfolg. Aber ich/wir bleibe/n dran!

Was wünschen Sie sich für die Zukunft?

Gesundheit ist das A und O. Und auch wenn es uns zunehmend schwerer fällt, die sich leider ständig ändernden und manchmal auch nur unzureichend erläuterten Einschränkungen zu akzeptieren, kann ich nur an die Einhaltung der AHA-Regeln und das Tragen der Maske appellieren. Das ist wie elf 5-Satz-Spiele in einem TOP-12-Turnier. Wir sind aber leider erst im vierten Satz – es gilt daher weiter zu kämpfen.

Und natürlich freue auch ich mich wieder darauf, in die Halle zum Training gehen zu können. Und ich hoffe, dass in diesem Jahr die eine oder andere Seniorenmeisterschaft doch noch stattfinden kann und ich viele Tischtennisspieler – egal ob alt oder jung – wieder sehen kann. Hauptsache gesund und munter! Lasst uns gemeinsam die Daumen drücken!

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Arnd Heymann