Interview mit dem Vizepräsidenten Sport des TTTV, Andreas Amend

Veröffentlicht am 11.08.2020 im Bereich Aktuelles

Hallo Andreas, vor wenigen Wochen sind die Sommerferien in Thüringen gestartet. Viele Thüringer Tischtennisspielerinnen und -spieler, aber auch Ehrenamtliche, Schiedsrichter, Trainer, Funktionäre usw. versuchen dieses Jahr einen etwas „anderen“ Sommer zu genießen und machen sich in einer ruhigen Minuten vielleicht auch Gedanken über den Start der neuen Spielsaison. Wie sieht es aktuell aus? Wird es einen „normalen“ Saisonbeginn geben? Auf welche Änderungen müssen sich die Spielerinnen und Spieler zum aktuellen Stand einstellen?

Hallo Juliane, na ja, wenn wir unter „normal“ die Situation vor der Corona-Pandemie verstehen, dann werden wir wohl kaum eine normale Saison erleben. Aber es gibt zumindest einige positive Anzeichen dafür, dass wir mit dem Spielbetrieb im September wieder loslegen können; im Mannschaftspielbetrieb auch mit Doppeln, also normalem Spielsystem. Die aktuell gültigen Thüringer Verordnungen lassen dies zu und auch das Schutz- und Hygienekonzept des DTTB wird aktuell in diese Richtung überarbeitet. Aber: Die Thüringer Verordnungen sind bis zum 30.08. gültig und wie diese dann ab dem 31.08., wenn die Saison beginnt, aussehen werden, bleibt abzuwarten.
Das betrifft auch die Frage, inwiefern Zuschauer zugelassen sind. Aktuell sind Hallenwettkämpfe mit Zuschauern grundsätzlich nicht erlaubt, es sei denn, der Veranstalter – also der gastgebende Verein – beantragt eine entsprechende Genehmigung beim zuständigen Gesundheitsamt unter Vorlage eines spezifischen Hygienekonzepts, was natürlich einen hohen Aufwand darstellt. Andere Option ist, die Spiele als private, nichtöffentliche Veranstaltungen durchzuführen. Dann dürfen sich aber insgesamt maximal 30 Personen beim Spiel aufhalten, inklusive Spielern, Betreuern, Schiedsrichtern etc.. Auf jedem Fall werden wir, wenn die Verordnungen ab dem 31.08. vorliegen, alle Vereine und Funktionäre mittels einer Rundmail über die dann geltenden Bestimmungen informieren, um einen bestmöglichen Start in die Saison zu ermöglichen.
Noch viel komplexer als im Mannschaftsspielbetrieb stellt sich die Wiederaufnahme des Einzelspielbetriebs dar, da hier in der Regel mit Teilnehmern, Betreuern, Schiedsrichtern, Turnierleitung und Zuschauern etc. viel mehr Personen zusammenkommen, als das bei Mannschaftskämpfen der Fall ist. Erste Bewährungsprobe sind hier die Nachwuchsranglistenwettbewerbe in Bad Blankenburg im September.

Welche Herausforderungen könnten auf die Schiedsrichter in den oberen Spielklassen zukommen?

Ich gehe davon aus, dass die Herausforderungen für die Schiedsrichter bei Turnieren deutlich größer werden als bei Spielen in den Bundesspielklassen. Natürlich sind die Abstandsregeln einzuhalten und ggf. auch auf Sonderbestimmungen bei der Ballberührung zu achten, aber das sollte bei Spielen meines Erachtens lösbar sein.

Die Ligeneinteilung und Mannschaftsmeldung ist ja bereits erfolgt – wenn du dir die Verbandsspielklassen anschaust, gibt es deiner Meinung nach besonders interessante Begegnungen? Wo könnte es besonders spannend werden?

In der Thüringenliga der Herren haben wir dieses Jahr im Gegensatz zu den Vorjahren keinen klaren Ligafavoriten, so dass das Rennen um den Staffelsieg spannend bleiben sollte. In Frage kommen hier neben Vorjahresvize USV Jena wohl auch die zweite Mannschaft des Post SV Mühlhausen sowie der TTV Bleicherode nach der Rückkehr von Tobias Liebergesell. Auch Oberligarückzieher TTZ Sponeta Erfurt und der Tabarzer SV können ein Wörtchen mitreden bei der Entscheidung um den Staffelsieg.
Die Verbandsligen haben dank zahlreicher Aufsteiger aus den Bezirksligen ein neues Gesicht, hinzu kommt, dass Gotha als Vorjahresvize der Weststaffel nun im Osten antritt. Auch hier sollte für Spannung gesorgt sein.
Bei den Damen ist besonders interessant, ob sich unter den neun gemeldeten Teams auch welche finden, die ab Januar in der Thüringenliga an den Start gehen und dann um den Aufstieg in die Oberliga wetteifern.

Wie siehst du die Chancen der Thüringer in den Ligen auf Regional- und Bundesebene?

Der Spielbetrieb in den Bundesspielklassen steht vor viel größeren Herausforderungen, als das auf Kreis-, Bezirks- und Landesebene der Fall ist. Einerseits wird das Einzugsgebiet der teilnehmenden Mannschaften größer, so dass sehr unterschiedliche Eindämmungsmaßnahmen zum Tragen kommen können. Andererseits sind viele Mannschaften auf Spielerinnen und Spieler aus dem Ausland angewiesen, für die ja nach wie vor Einreiseverbote gelten und mit großer Wahrscheinlichkeit auch zu Saisonbeginn noch gelten werden. Noch hinzu kommt, dass auch die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie für Sponsoren und Unterstützer des Tischtennissports noch gar nicht absehbar sind.
Nominell sind die Thüringer Teams von der TTBL bis zur Oberliga gut aufgestellt und alle haben meines Erachtens die realistische Chance, ihre Saisonziele zu erreichen. Was aber passieren wird, wenn die Teams aufgrund der genannten Einreiseverbote nicht komplett antreten können, vermag ich nicht abzuschätzen.

Aus deiner ganz persönlichen, sportlichen und professionellen Sicht – mit welchen Problemen hat der Tischtennissport in Anbetracht der Corona-Pandemie am meisten zu kämpfen? Ich hörte, dass es im Tennis fast keinerlei Einschränkungen im Spielbetrieb mehr gibt?

Ich denke, wir sind nur sehr begrenzt mit dem Tennissport vergleichbar. Dort findet zumindest in der warmen Jahreszeit alles draußen statt, Training ist ohnehin individuell oder in Kleinstgruppen selbst zu organisieren und die Punktspiele nehmen einen deutlich geringeren Stellenwert als im Tischtennis ein.
Erstmal ist es natürlich gut und wichtig, dass wir seit Juni wieder trainieren können. Trotzdem ist der Aufwand dafür insbesondere wegen der Verpflichtung zum Führen von Anwesenheitslisten hoch und wir verlieren durch „Training nach Anmeldung“ auch eine gewisse Flexibilität für unsere Mitglieder, die gewohnt sind spontan zu entscheiden, wann und mit wem sie trainieren, wie auch die Offenheit für Neuinteressenten an unserem Sport.
Noch wichtiger als die Organisation des Trainingsbetriebs ist aber, dass der Wiedereinstieg in den Mannschaftsspielbetrieb gelingt, denn die Mehrheit unsere Mitglieder möchte an diesem teilnehmen. Er ist ihre zentrale Motivation zum Tischtennis spielen. Eine erneute Einstellung des Mannschaftsspielbetriebs im Laufe der bevorstehenden Saison hätte meiner Meinung nach fatale Folgen. Viele Mitglieder würden sich vermutlich vom Tischtennis ab- und sich anderen Freizeitbeschäftigungen zuwenden.
Die Turniere gerade auf Landes- und Bundesebene sind natürlich gerade für die Leistungsmotivierten insbesondere im Nachwuchsalter von besonderer Bedeutung. Wir brauchen diese Vergleichsmöglichkeiten dringend, allerdings gibt es für die Ausrichtung derartiger Veranstaltungen besondere Hürden, die gemeistert werden müssen.
Hinzu kommt noch das bereits angesprochen Sponsoringthema, also die finanziellen Unsicherheiten bei Unterstützern resultierend aus den Pandemiefolgen.

Was räts du den Spielerinnen und Spielern aber auch Vereinen?

Besonders wichtig erscheint mir, dass wie die Pandemie und ihre Folgen ernst nehmen und daher im Vereinsumfeld alles daran setzen, die Abstands- und Hygieneregeln bestmöglich umzusetzen und einzuhalten. Das gilt natürlich auch im privaten Umfeld außerhalb des Vereins und der Sporthalle.
Dann sollten wir alles tun, die nächste Saison gut zu beginnen und dabei die Einschränkungen und Auflagen trotzdem einhalten. Die Gesundheit und Sicherheit aller sollte meines Erachtens auch Vorrang vor allen anstehenden sportlichen Entscheidungen haben.

gez. Andreas Amend und Juliane Dorf-Leu