
In der TTBL gewinnt Post zunächst mit 3:2 gegen Bad Homburg, um dann von Krankheit und Verletzung heimgesucht zu werden. Das 0:3 in Bergneustadt ist die erste Niederlage der Saison. Dafür gelingt den Mühlhäusern im Pokal mit 3:2 die direkte Revanche gegen den TTC Schwalbe. Im Viertelfinale wartet Titelverteidiger Ochsenhausen.
Von Thomas Stecher
Mühlhausen. Freud und Leid liegen oft dicht beieinander. Tischtennis macht da keine Ausnahme. Doch was Erstligist Post Mühlhausen in den letzten Tagen widerfahren ist, stellt vieles in den Schatten. „Das habe ich so noch nicht erlebt. Eine echte Achterbahnfahrt über 120 Stunden. Nicht nur, was die Ergebnisse angeht“, erklärt Chef-Trainer Erik Schreyer.
Dass das Programm der Müntzerstädter ein hartes werden würde, war von vornherein klar. Zwei Spieltage in der Tischtennis Bundesliga (TTBL) plus eine schwere Partie im Achtelfinale des Deutschen Pokals – alles in fünf Tagen. Bereits der Aufgalopp am heimischen LOTTO Thüringen Center Court gegen den TTC OE Bad Homburg war ein Wechselbad der Gefühle. Denn ausgerechnet Steffen Mengel, bis dahin der überragende Mann der jungen Saison, erwischte einen gebrauchten Abend. Zunächst unterlag er Bad Homburgs neuem Hoffnungsschimmer Jo Yokotani – von Trainer-Fuchs Helmut Hampl vorzüglich eingestellt – mit 1:3. In seinem zweiten Einzel hatte der Siegerländer das Nachsehen im Spitzenduell mit dem hoch veranlagten Csaba Andras (1:3).
Zunächst nur als neuerliche Probleme mit dem Material vermutet, entpuppte sich die Situation im weiteren Verlauf der wilden Fahrt durch TTBL und Pokal – im wahrsten Sinne – verzwickter. Mengel sollte von einer schmerzhaften Blockade im unteren Rücken ausgebremst werden.
Gegen Bad Homburg waren die ersten beiden Niederlagen von Mengel in dieser Serie kein Beinbruch, denn sein Team kompensierte vorzüglich. Kay Stumper glänzte gegen Csaba Andras (3:0) und deutete sein gehöriges Potenzial an. Marcos Freitas arbeitete sich mit 3:1 an Spaniens Shootingstar Juan Perez ab und überzeugte dann vollends im nötig gewordenen Doppel. An der Seite des frisch von der Bank gekommenen Post-Kapitäns, Ovidiu Ionescu, landete er einen 3:1-Erfolg über Ivor Ban und Jo Yokotani. Vor allem der so angriffsstarke Japaner wurde taktisch auf Eis gelegt. Der dritte Sieg im dritten Spiel war perfekt.
Entsprechend sollte die Reise zum TTC Schwalbe Bergneustadt mit breiter Brust angetreten werden. „Was dann in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag los war, gleicht einem sportlichen Horrorfilm. Bei Steffen Mengel macht der Rücken endgültig dicht, Marcos Freitas hat Schmerzen am Rippenbogen und Kay Stumper legt eine Erkältung komplett lahm“, beschreibt Erik Schreyer das Szenario. Die medizinische Abteilung beim Post SV, allen voran Dr. Michael Scholl und Dr. Peter Kästner sowie ein renommierter Kollege in Köln, hatten fortan einiges zu tun.
Trotz aller Mühen hatte Erik Schreyer zum Topspiel in Bergneustadt so schnell keine schlagkräftige Truppe am Tisch, so dass der Mühlhäuser Trainer zum Spielertrainer werden musste. Obwohl der TTC Schwalbe Benedikt Duda, die Nummer acht der Weltrangliste, schonte, entwickelte sich von Beginn an ein ungleiches Duell. Schreyer konnte Adrien Rassenfosse erwartungsgemäß nicht halten (0:3), Ovidiu Ionescu wehrte sich gegen Leo de Nodrest vergeblich (1:3) und Marcos Freitas kam gegen den entfesselt spielenden Fan-Zhendong-Bezwinger Romain Ruiz mächtig unter die Räder (0:3). Nach nicht einmal zwei Stunden war die erste Niederlage der Saison für den Post SV Gewissheit.
Unmittelbar nach dem 0:3 wurde die Reset-Taste gedrückt und alles darangesetzt, für den Sonntag, für das wichtige Achtelfinale im nationalen Pokal, eine einigermaßen fitte Truppe an den Start zu bringen. Schließlich wollte man es den Bergneustädtern, die gleich mit nach Mühlhausen reisen konnten, nicht noch einmal derart leicht machen.
„Wir wussten genau, dass es ungleich schwerer werden würde. Schwalbe hatte Benedikt Duda in der Hinterhand. Und, der ist im Moment kaum zu schlagen, wenn er volle Körner hat“, so Schreyer. Entsprechend dieser Prognose riskierten die Pokal-Gäste am LOTTO Thüringen Center Court nicht unangemessen viel, Duda auf Position zwei zu stellen und gleich als ersten an den Tisch zu schicken. Sehr zum Leidwesen von Ovidiu Ionescu, der die geballte Kraft des Bergneustädters zu spüren bekam und bis auf Satz drei chancenlos blieb (0:3).
Was nun folgte, war kaum zu erwarten und hätte eine ausverkaufte Halle am Kristanplatz verdient gehabt. Unter den staunenden Augen des früheren Rennrodel-Weltmeisters, Staatssekretär David Möller, schwang sich Marcos Freitas zu einer unglaublichen Leistung auf. Keine 48 Stunden zuvor ohne Spur einer Chance gegen Romain Ruiz, zeigte der Portugiese ein ganz anderes Level. Ging Satz eins noch unnötig verloren (10:12), passte ab Durchgang zwei einfach alles und die Mühlhäuser Fans standen Kopf (11:4, 11:7, 11:3). 1:1 zur Halbzeit und Hoffnung seitens der Hausherren.
Diese Hoffnung wurde nach der Pause durch Kay Stumper weiter genährt. Gegen Adrien Rassenfosse kämpfte der Deutsche Meister nicht nur verbissen, sondern vermochte es sogar, die spielerischen Akzente zu setzen. Trotz aller gesundheitlicher Widrigkeiten stand ein 3:1 für den neuen Postler zu Buche. „Da kann man nur den Hut ziehen“, lobt Erik Schreyer.
Nun war Bergneustadt unter Druck – und reagierte. Für den sichtbar zerknirschten Romain Ruiz kam Leo de Nodrest. Neuerlich zum Leidwesen von Ovidiu Ionescu. Denn wieder kam der Post-Kapitän mit dem Franzosen überhaupt nicht zurecht und unterlag 1:3, was ein Doppel auf den Plan rief, in dem die Quote eindeutig für den TTC Schwalbe sprach.
Doch Marcos Freitas und Steffen Mengel, bisher zwangsweise geschont, warfen gegen Benedikt Duda und Adrien Rassenfosse alles in die Waagschale. 1:0, 2:1 und schließlich 11:5 im allerletzten Durchgang des Pokal-Abend – Tollhaus LOTTO Thüringen Center Court. Der Post SV stand im Viertelfinale; die Bergneustädter nebst ihrem mitgereisten Anhang erwiesen sich, im Stile einer wachsenden Spitzen-Mannschaft, als absolut faire Verlierer.
Im Viertelfinale wartet – auswärts – auf den Post SV nun Titelverteidiger TTF Liebherr Ochsenhausen. Ein Termin steht noch nicht fest; die Auslosung ist erst am Dienstag erfolgt.